InfectoGnostics

Forschungscampus InfectoGnostics

Der Forschungscampus InfectoGnostics in Jena beschreitet als Partnerschaft zwischen Wissenschaft und Wirtschaft neue Wege in der Diagnostik von Infektionen. Verschiedene Partner aus Forschung, Industrie und Klinik entwickeln gemeinsam neuartige Lösungen für eine bessere Vor-Ort-Diagnostik von Infektionserkrankungen – von der innovativen Idee bis hin zum Produkt.

Wissenschaftler des InfectoGnostics Forschungscampus im Biochip-Labor am Zentrum für angewandte Forschung.
©InfectoGnostics/Sven Döring

Was macht den Forschungscampus aus?

Am Forschungscampus InfectoGnostics werden lichtbasierte und molekularbiologische Verfahren entwickelt und kombiniert, um Infektionserreger (Viren, Bakterien und Pilze) und deren Antibiotikaresistenzen zuverlässig zu detektieren und auch die Wirtsantwort (z. B. bei Sepsis) besser zu verstehen. Im Dreiklang von Technologie, medizinischer Anwendung und Herstellung entstehen so Labor- und Schnelltests für den Einsatz in der Human- und Veterinärmedizin sowie für Analysen von Wasser und Lebensmitteln.

Durch die Kooperation auf Augenhöhe von öffentlichen und privaten Partnern, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), baut der Forschungscampus InfectoGnostics Barrieren für die Etablierung neuer Diagnostika ab und beschleunigt die Translation in marktreife Produkte. Am medizinischen Bedarf orientierte Lösungen aus der Grundlagenforschung gelangen so schneller in die diagnostische Routine und damit zu Anwenderinnen und Anwendern.

Jena bietet als wichtiger Standort für Forschung und Entwicklung in der Photonik – lichtbasierte Verfahren – und Biotechnologie besonders günstige Voraussetzungen, um völlig neue diagnostische Lösungen bis zu marktreifen Diagnostikprodukten zu entwickeln. Der Forschungscampus InfectoGnostics bringt klinische Expertise direkt zur industriellen Forschung, Entwicklung und Fertigung. Zudem ermöglicht der Forschungscampus eine gemeinsame Nutzung von Forschungsgeräten, sowie den Zugriff auf Patientenproben.

Worauf liegt der inhaltliche Schwerpunkt des Forschungscampus?

Bei Sepsis oder bei immungeschwächten Patienten mit Lungenentzündung ist eine schnelle Diagnose des Erregers und seiner möglichen Antibiotikaresistenzen Voraussetzung für eine optimale Therapie. Ausbrüche mit mehrfach resistenten Infektionserregern wie MRSA nehmen zu und auch völlig neue Stämme von antibiotikaresistenten Keimen stellen eine Bedrohung dar und erschweren die Behandlung. Die moderne Infektionsdiagnostik benötigt nicht-invasive und patientenschonende Lösungen, die schnell, kostengünstig und vor Ort Infektionserreger und ihre Resistenzen detektieren. Der Forschungscampus InfectoGnostics setzt hier an. Partner aus akademischer und industrieller Forschung arbeiten in gemeinsamen Projekten, um innovative diagnostische Ansätze schnell in die Patientenversorgung zu bringen. Dabei stehen photonische und molekularbiologische Methoden im Vordergrund, unterstützt durch Methoden der Bioinformatik, insbesondere auch zunehmend mittels künstlicher Intelligenz.

Weitere Hintergrundinformationen

In den folgenden Texten finden Sie weitere Informationen zum Forschungscampus InfectoGnostics.

Im Rahmen der ersten Förderphase etablierte der Forschungscampus InfectoGnostics eine gemeinsame Infrastruktur zum Forschen unter einem Dach am Zentrum für Angewandte Forschung (ZAF) in der Jenaer Innenstadt. Die Partner vernetzten sich intensiv und dauerhaft miteinander und eine Kultur der Zusammenarbeit entwickelte sich. Zudem baute der Forschungscampus eine Patientenkohorte zur Erforschung der Pneumonie (Lungenentzündung) bei Immunsuppression (eine Unterdrückung des körpereigenen Abwehrsystems), eine Biobank (Sammlung von Stoffen, wie Körperflüssigkeiten oder Gewebeproben, mit assoziierten, in Datenbanken verwalteten Daten) und eine auch für die nächsten Entwicklungsschritte relevante Probenlogistik auf. Der Forschungscampus InfectoGnostics entwickelte erfolgreich erste marktreife Diagnostika und zahlreiche Prototypen der lichtbasierten und molekularbiologischen Diagnostik in der ersten Phase.

Die zweite Förderphase des Forschungscampus InfectoGnostics zeichnet sich durch eine dauerhafte Interaktion der Partner und einen verstärkten Fokus auf die Verwertung der durch die Partner entwickelten Technologien aus. Im Bereich der humanen Infektionsdiagnostik wird neben Erregern (Bakterien, Viren und Pilze) und deren Antibiotikaresistenzen, auch zunehmend die Immunantwort des Wirtes auf die Infektion und auf Impfungen untersucht. Damit möchte der Forschungscampus weitere Anwendungsfelder in der Tiermedizin und Umwelt/Lebensmittel (insbesondere Wasser) und somit neue Märkte erschließen. Die gemeinsame Forschungsstrategie der Partner soll somit erweitert und auf eine breite Grundlage für die spätere Verwertung gestellt werden. Der Forschungscampus InfectoGnostics validiert entstandene Prototypen im klinischen Umfeld.

Die sechs Förderprojekte des Forschungscampus InfectoGnostics (Leitprojekte) bilden die inhaltlichen Schwerpunkte der zweiten Förderphase: Neben der Weiterentwicklung biospektroskopischer Methoden (experimentelle Verfahren, mit denen beispielsweise biologische Merkmale von Bakterien über das von ihnen zurückgestreute Lichtspektrum bestimmt werden ) zur Detektion von Erregern und deren Antibiotikaresistenzen und Methoden zur Bestimmung des Impfstatus, setzt der Forschungscampus verstärkt Bioinformatik und KI ein. Die parallele Mehrfachtestung (Multiplexing) erfolgt mithilfe modularer oder offener Technologieplattformen. Dabei werden u. a. Tests entwickelt, die für Mensch und Tier geeignet sind. Im klinischen Begleitforschungsprojekt POCT-ambulant baut der Forschungscampus einen einzigartigen Forschungs-Entwicklungs-Praxis-Dialog auf und begleitet ihn wissenschaftlich. Dieses Konstrukt verbindet alle Interessentengruppen des Campus mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten, Praxispersonal und Patienten.

Der Forschungscampus InfectoGnostics beschäftigt sich über die geförderten Projekte hinaus mit der Verbesserung der Diagnostik bei Sepsis. Des Weiteren beteiligt er sich an der Durchführung von Industrieprojekten zur Verbesserung der Schnelldiagnostik bei SARS-CoV-2. Ein besonderes Projekt im Rahmen dessen ist die regionale Analyse des Abwassers auf SARS-CoV-2 mit Unterstützung des Landes Thüringen, auch bekannt als „CoMoTh - SARS-CoV-2-Abwassermonitoring in Thüringen“. Zudem ist der Forschungscampus im Aufbau von Technologieplattformen für Theranostik (u.a. Nanopartikel) und weiteren unterstützenden Aktivitäten zur Entwicklung der beteiligten Startups involviert. Darüber hinaus unterstützt der Forschungscampus den Aufbau des Leibniz-Zentrums für Photonik in der Infektionsforschung (LPI), in dem er dementsprechende Basistechnologien erforscht.

Zu den Highlights des Forschungscampus InfectoGnostics zählt die Eröffnung der Campus-Infrastruktur im „Zentrum für Angewandte Forschung“. Darüber hinaus wurde der Forschungscampus Finalist beim EU RegioStars-Wettbewerb, verbunden mit dem ersten Networking auf EU-Ebene (EU Regionen). Auch die Organisation der Bionection partnering conference in Jena beschreibt ein Höhepunkt des Forschungscampus InfectoGnostics. Auf inhaltlicher Ebene stellte die Entwicklung des ersten Prototyps zur kompakten photonischen Diagnostik (RAMAN2GO) einen Meilenstein des Forschungscampus dar. Zudem konnten marktreife Tests auf PVL-tragende Staphylokokken, Corona-Antikörper und -Antigene sowie für die Tropenkrankheit Melioidose erfolgreich entwickelt und validiert werden. Des Weiteren schaffte der Forschungscampus InfectoGnostics, als Teil der Forschungsinfrastruktur des Leibniz-Zentrum für Photonik in der Infektionsforschung (LPI), 2021 die Aufnahme in die vom BMBF ausgerufene Roadmap für Forschungsinfrastrukturen. Mit dieser Nationalen Roadmap möchte das BMBF Forschungsinfrastrukturen stärken und Spitzenforschung weiter vorantreiben. Ein weiteres Highlight bedeutet die Mitgliedschaft im Arbeitskreis der BioRegionen (BioRegion Thüringen), in der bundesweiten AG Diagnostik, Mitarbeit im Pharmadialog der Bundesregierung.

Die Förderinitiative „Forschungscampus“ leistet einen Beitrag zur weiteren Umsetzung der Etablierung einer offenen Innovations- und Wagniskultur. Die neun Forschungscampi fördern mit dem implementierten Konzept „Forschen unter einem Dach“ eine neue, offene Innovationskultur, welche die Entstehung von Innovationen und Transferprozessen fördert. Jeder Forschungscampus hat diese Form der Zusammenarbeit auf seine eigene Art und Weise umgesetzt. Somit tragen die Forschungscampi individuell, auch abhängig von der jeweiligen inhaltlichen Ausrichtung, dazu bei, dass aus Spitzenforschung schnell innovative Produkte und Geschäftsideen entstehen.

Der Forschungscampus InfectoGnostics setzt auf starke Partnerschaften, Dialog und Partizipation als Grundpfeiler einer interdisziplinären Diagnostika-Entwicklung. Der Forschungscampus verfolgt mit kooperativen Forschungsansätzen den Transfer von Technologien in Produkte und Services. Das Konzept des Forschungscampus InfectoGnostics reicht dabei von Molekularbiologie, Biophotonik und Mikrofluidik über modernste bioinformatische Methoden bis hin zu innovativen Therapieansätzen. Der Forschungscampus InfectoGnostics verfolgt dabei eine offene Innovationkultur, welche die Validierung von Technologien (Reallabore) und den Transfer in Anwendungen einschließt. Zudem setzt der Forschungscampus InfectoGnostics neben dem Wissenstransfer zu Infektionskrankheiten mit einem begleitenden Forschungs-Entwicklungs-Praxis-Dialog auf die direkte Beteiligung der Gesellschaft.

Die Forschungscampi