Aktive Begleitung der Forschungscampi

Mit regelmäßig organisierten Workshops und Tagungen unterstützt das BMBF die Forschungscampi bei ihrer strategischen Entwicklung.

©Projektträger Jülich

Im Auftrag des BMBF führt der Projektträger Jülich ein- bis zweimal jährlich ein- bis anderthalbtägige Strategieworkshops durch, um einen regelmäßigen Erfahrungs- und Informationsaustausch zwischen den Forschungscampi zu fördern.

Dabei soll die Auswahl der Themen die strategische Entwicklung der Forschungscampi im Sinne der Förderinitiative weiter vorantreiben. Im Mittelpunkt steht dabei die gemeinsame Erarbeitung von Strategieprozessen, Erfolgskriterien und Best Practice-Beispielen unter Beteiligung aller Forschungscampi.

In der Vergangenheit führte der Projektträger zudem regelmäßig Fachtagungen zur Förderinitiative durch.

Der erste Forschungscampus-Science-Slam animiert das Publikum zum Mitmachen und überzeugt auf der Fachtagung als Mittel der Wissenschaftskommunikation. Quelle: Projektträger Jülich.

Fachtagung „Innovationspol Forschungscampus“ - 5 Jahre Förderinitiative „Forschungscampus“

Im Rahmen der letzten Fachtagung trafen sich Vertreterinnen und Vertreter aus den Forschungscampi, aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu einem interaktiven Austausch am 20. September 2018 in der Kalkscheune in Berlin-Mitte. Nach fünf Jahren gemeinsamer Forschungsaktivitäten von Wissenschaft und Wirtschaft unter einem Dach feierten zu diesem Zeitpunkt neun Forschungscampi die Erfolge ihrer Arbeit, diskutierten wichtige Herausforderungen und zeigten Visionen für die Zukunft.

Diskussion zu Einflussfaktoren der offenen Innovationskultur: Drei Sessions

In drei parallelen Sessions beschäftigten sich die Teilnehmenden der Fachtagung anhand von konkreten Best-Practice-Beispielen mit Einzelaspekten von strategischen Partnerschaften, der regionalen Wirkung der Forschungscampi und der Bedeutung von Wissenschaftskommunikation für den Dialog mit der breiten Öffentlichkeit. Am Nachmittag fassten die Moderation die Ergebnisse im Plenum zusammen. Die erste Session hieß „Innovation durch strategische Partnerschaft“. Die zweite Session lautete „Wirkung der Forschungscampi auf die Region“ und die dritte Session trug den Titel „Partizipation und Transparenz im Forschungscampus“.

Forschungscampus-Science-Slam

Im Rahmen der Fachtagung fand das Finale des ersten Science Slams der Förderinitiative statt. Hier präsentierten die drei Nachwuchskräfte, die sich in einem Vorentscheid am Vortag aus insgesamt 14 Science-Slam-Beiträgen durchsetzen konnten, ihre Forschungsthemen auf originelle Weise. Sie überzeugten das Publikum jeweils in den Kategorien „Medizin“, „Produktion“ sowie „Energie und mathematische Modelle“. 

Gewonnen hat der Vortrag von Kai Hoppmann (Forschungscampus MODAL), der seine Forschung mit mathematischen Formeln anhand der Abstiegsregeln beim Fußball erklärte und dafür die höchste Punktzahl vom Fachpublikum erhielt. Johanna Kleinen (Forschungscampus ARENA2036) und Dr.-Ing. Matthias Magdowski (Forschungscampus STIMULATE) fanden humorvolle Vergleiche ihrer Arbeit in Live-Rollenspielen und der Mikrowellen-Technik.

Ziel des Science Slams war es, die Vernetzung der Nachwuchswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler aus den Forschungscampi voranzutreiben, ihnen mehr Sichtbarkeit in ihrer Community im Rahmen der Fachtagung zu bieten und öffentliches Interesse an der Themenvielfalt von „Forschungscampus“ zu wecken.

Ein „Best of“ des Science Slams sowie Einzelvideos stehen auf You Tube zur Verfügung.

Podiumsdiskussion: „Forschungscampus – Blaupause für offene Innovationskultur?“

Inwiefern das Innovationsmodell Forschungscampus durch sein Alleinstellungsmerkmal – Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten besonders gut vernetzt und ressourcenstark unter einem Dach zusammen – auch eine neue Kultur prägen kann, diskutierten die Gäste aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft: Herr MinDirig Engelbert Beyer (Leiter der Unterabteilung für Grundsatzfragen, Innovation im BMBF), Frau Prof. Dr. Ellen Enkel (ZU Friedrichshafen) Herr Prof. Dr. Reinhart Poprawe (Forschungscampus DPP, Fraunhofer ILT), Herr Dr. Stefan Sauer (Geschäftsführer SICP, Universität Paderborn) sowie Herr Dr. Stefan Röll (Forschungscampus STIMULATE, Neoscan Solutions GmbH). Die Moderation führte der Wissenschaftsjournalist Andreas Lange.

Die Podiumsgäste waren sich einig, dass ein Forschungscampus durch die enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit und seiner Vielzahl an Ressourcen zu einer offenen Innovationskultur bei vergleichsweise geringem wirtschaftlichem Risiko beitragen könne. Hier würde größeren und kleinen Unternehmen wie auch dem Nachwuchs eine Plattform geboten, auf der in bi- und multilateralen Kooperationen ganzheitliche Fragen – von hochqualitativer Grundlagenforschung bis zur angewandten Forschung – transdisziplinär und effizient bearbeitet werden könnten. Darüber hinaus diskutierten die Teilnehmenden die Transparenz am Forschungscampus und einer möglichen wirtschaftlichen Interessenkollision der beteiligten Unternehmen. Hier seien klare IP-Regelungen, wie sie die Forschungscampi bereits implementierten, zur gemeinschaftlichen Entwicklung von Produkten notwendig. Jedoch war auch Konsens, dass eine graduelle Offenheit gelebt werden müsse.

Fünf Jahre nach Beginn der Förderung, so resümierten die Teilnehmenden, zeige sich auch der wachsende Einfluss der Forschungscampi auf die regionale Strukturierung, da das Umfeld der Forschungcampi für junge wie für etablierte Unternehmen einen Standortvorteil böte. Dabei fördere die Initiative nicht nur offenere Kooperationsformen, sondern auch eine neue Qualität der Innovationskultur.

Die bisherigen durchgeführten Strategieworkshops

Seit 2016 organisiert der Projektträger Jülich, im Auftrag des BMBF, ein- bis zweimal jährlich ein- bis anderthalb tägige Strategieworkshops. Seitdem wurden acht Workshops durchgeführt. Die Workshops finden üblicherweise am Standort eines Forschungscampi statt, die Reihenfolge rotiert. Die Zusammenfassungen der verschiedenen Workshops finden Sie in den unteren Klappboxen.

Das Ziel des ersten Workshops in Mannheim beim Forschungscampus M²OLIE war, Impulse zu Evaluationsprozessen und zur Erfolgsmessung im Forschungscampus zu geben. Neben Experten-Vorträgen stand dabei vor allem die gemeinsame Bearbeitung des Themas im Rahmen eines World-Cafés im Vordergrund.

Die gesammelten Ideen lassen sich zwei verschiedenen Parametern zuordnen, den sogenannten soft factors (Kulturvariablen) und den hard factors (Organisationsvariablen). Dabei zeigte sich, dass die Teilnehmenden besonderen Wert auf die Kulturvariablen legen. Am wichtigsten war den Teilnehmenden eine gemeinsame Identität und Marke. Klare IP-Regeln und ein einfacher rechtlicher Rahmen sowie die Präsenzzeit unter einem Dach gelten als wichtige Organisationsvariablen, die zu einer erfolgreichen Forschungscampuskultur beitragen.

Über die Erfolgskriterien hinaus haben sich die Vertreterinnen und Vertreter der Forschungscampi darüber ausgetauscht, wie sich die Erfolge erfassen und sichtbar machen lassen. Die Teilnehmenden haben sowohl qualitative als auch quantitative Ansätze für die Erfolgsmessung erarbeitet. Aus Sicht der Teilnehmenden werden Leuchtturmprojekte und Demonstratoren als besonders wichtig für die Sichtbarmachung der Erfolge erachtet, die durch Medien, Veranstaltungen und politische Kommunikation die Öffentlichkeit erreichen können.

Das Ziel des zweiten Workshops in Aachen bei den Forschungscampi „Digitial Photonic Production“ (DPP) und „Flexible elektrische Netze“ (FEN) war, Impulse für eine Initiierung von Strategieprozessen im Forschungscampus zu setzen. Die Ergebnisse des ersten Workshops zu Evaluationsprozessen und zur Erfolgsmessung im Forschungscampus wurden dabei als Ausgangsbasis genutzt, um konkrete Beispiele aus den Forschungscampi zu diskutieren und im Rahmen einer SWOT-Analyse zu erfassen.

Die Inter- und Transdisziplinarität arbeiteten die Teilnehmenden im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus“ als eine eindeutige Stärke heraus. Ebenso galten Sichtbarkeit und Reputation der Forschungscampi – welche eng mit der Chance verknüpft sind, noch größere Bekanntheit zu erlangen, als Stärken. Eine weitere Chance sahen die Forschungscampi zudem in der Zusammenarbeit im Rahmen von forschungscampusübergreifenden Aktivitäten wie beispielsweise der Internationalisierung und der damit verbundenen internationalen Vernetzung.

Erste Ideen für mögliche Maßnahmen zur strategischen Weiterentwicklung adressierten insbesondere eine forschungscampusübergreifende Zusammenarbeit, wie z. B. die Ermöglichung von Hospitationen von Mitarbeitenden des Managements oder die Durchführung übergreifender Forschungsprojekte. Weiterhin tauschten sich die Forschungscampi zu Möglichkeiten der Einbindung der Gesellschaft in die Forschungsarbeit aus.

Das Ziel des dritten Workshops in Wolfsburg beim Forschungscampus „Open Hybrid LabFactory“ (OHLF) war es, den Austausch zwischen den Forschungscampi zu unterstützen und Impulse zur Fortschreibung der jeweiligen Verwertungsstrategien zu setzen. Die Erfahrungen der Forschungscampi mit diversen Verwertungsansätzen wurden dabei als Ausgangsbasis genutzt, um konkrete Beispiele zu diskutieren und gemeinsam weiterzuentwickeln.

Trotz der heterogenen Strukturen der Forschungscampi stellten die Teilnehmenden des Workshops einige Gemeinsamkeiten heraus: Insbesondere die klaren Regeln innerhalb des Forschungscampus stellten einen klaren Wegweiser für den offenen Austausch zwischen den Partnern des Forschungscampus dar. Umso wichtiger sei es für alle Forschungscampi konkrete Aufklärungsarbeit bei allen Mitarbeitenden zu leisten, um die geschützte und offene Atmosphäre im Forschungscampus auch langfristig zu bewahren. Hinzu kam auch, dass die Aufnahme neuer Partner genau geregelt sein sollte, um das Vertrauen der Partner untereinander nicht zu gefährden. Das Vertrauen der Partner untereinander sowie die geschützte Atmosphäre seien wesentliche Faktoren für die offene Innovationskultur in den Forschungscampi.

Die Erfahrung der Forschungscampi zeigte, dass insbesondere durch die Nähe der Mitarbeitenden im Forschungscampus junge Unternehmen oder KMU ebenso profitieren würden wie Großunternehmen oder Forschungseinrichtungen. Die Teilnehmenden stellten heraus, dass Großunternehmen im Forschungscampus die agile Arbeitsweise mit anderen Partnern schätzen würden. Weiterhin erfahren Forschungseinrichtungen schneller von Bedarfen der Wirtschaft, was dazu führe, dass sie diese Bedürfnisse in ihre Forschung einfließen lassen könnten.

Auch Ausgründungen nannten die Forschungscampi als wichtiges Element für eine erfolgreiche Verwertung. Besondere Herausforderung sahen die Teilnehmenden darin, „Gründertypen“ zu identifizieren und diese durch gezielte sowie kompetente Gründungsberatung zu unterstützen. Insbesondere bei der Gründungsberatung würden die Forschungscampi von erfahrenen und bereits etablierten Entrepreneuren profitieren, die in der Vergangenheit selbst den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt haben.

Der vierte Workshop in Berlin beim Forschungscampus MODAL unterstützte den Austausch zwischen den Forschungscampi zu unterschiedlichen Aspekten der Aus- und Weiterbildung. Ein Thema, welches alle Forschungscampi unabhängig ihrer fachlichen Ausrichtung adressieren. Insbesondere bei der Erschließung neuer Technologiefelder und der Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen sind neben den akademischen auch berufliche Formate sowie Akzeptanzfragen von großer Bedeutung: Der Einsatz einer neuen Technologie kann nur gelingen, wenn entsprechendes Personal zur „Bedienung“ oder „Wartung“ bereit steht und die Gesellschaft diese annimmt.

Ergebnisse des Workshops waren, dass die Forschungscampi über die beteiligten Hochschulen Einfluss auf die akademische Lehre nehmen. Es entstünden neue Studiengänge und regelmäßige Seminare zu aktuellen Themen aus den Forschungscampi. Zudem wurde festgehalten, dass auch die Mitarbeitenden von Unternehmen, beispielsweise als Dozenten in Ringvorlesungen, in die Lehre eingebunden werden. Darüber hinaus sahen die beteiligten Unternehmen in den Weiter- bzw. Fortbildungsmaßnahmen für ihre Mitarbeitenden eine Möglichkeit, die Leistungsfähigkeit und Produktivität des Unternehmens zu erhöhen sowie Innovationen voranzubringen. Teilweise würden die wissenschaftlichen Partner eines Forschungscampus den ebenfalls beteiligten Unternehmen die Möglichkeit der Immatrikulation ermöglichen, damit Mitarbeitende Abschlüsse bis zur Promotion erlangen können. Dieses Vorgehen eröffne die Möglichkeit, die Hürden zwischen grundlagenorientierter und wirtschaftlicher Umsetzung von Projekten zu überwinden und gemeinsame Produkte effizienter zu generieren.

Weitere angesprochene Aspekte des Workshops waren die Themen „Transparenz“ und „Partizipation“. Beide spielen bei der Unterstützung und Formung der Fachkräfte von morgen und der Etablierung neuer Technologien eine besondere Rolle. Innerhalb der trans- und interdisziplinären Forschungscampi sei die Etablierung eines gemeinsamen Verständnisses unabhängig der einzelnen Kulturen und (Betriebs-)Sprachen der Partner für die Zusammenarbeit elementar. Hier helfen beispielsweise spezifische Handbücher oder Formate wie ein „Entwicklerfrühstück“. Darüber hinaus adressierten die Teilnehmenden des Workshops auch die Bildung der Bürgerinnen und Bürger, die „Übersetzung“ der Forschungsinhalte und Ergebnisse für die interessierte Öffentlichkeit und zusätzlich auch für Kinder und Jugendliche. Dabei werden auch Akzeptanzfragen behandelt.

Zum fünften Workshop im April 2019 kamen die Forschungscampi beim Forschungscampus InfectoGnostics in Jena zusammen und diskutierten über Chancen und Ziele im Kontext der Digitalisierung. Die Ergebnisse einer Umfrage zur Vorbereitung des Workshops zeigten, dass unabhängig von der forschungscampusspezifischen thematischen Ausrichtung Künstliche Intelligenz, Block-Chain-Anwendungen und digitale Vernetzung von besonderer Bedeutung für die Forschungscampi sind.

Die Teilnehmenden arbeiteten heraus, dass einerseits Forschungspartner Methoden zur Optimierung ihrer Datenerfassung, -auswertung, Zurverfügungstellung und Logistik benötigen – und andererseits die Gruppen, die solche Methoden erarbeiten, für ihre Forschung auf die Bereitstellung entsprechender Daten angewiesen sind. Weiterhin hoben die Teilnehmenden die Bedeutung der „Standardisierung“ zur erfolgreichen Umsetzung etwaiger Lösungen hervor. Sie erörterten, wie koordinierte Arbeit der Partner in entsprechenden Gremien die Etablierung gemeinsam entwickelter Technologien unterstützt. Dabei verfügen gerade die Forschungscampi mit ihren Partnern und Industrienetzwerken über ein erhebliches Potential, die Etablierung von Standards und Schnittstellen voranzutreiben.

Parallel zum Workshop informierten die Forschungscampi in einer Poster-Ausstellung über bestehende Cross-Forschungscampus-Aktivitäten. So berichteten z.B. die Forschungscampi MODAL und STIMULATE, wie sie mittels der Kombination neuartiger Algorithmen und medizintechnischer Bildgebung, die Behandlung von Patienten noch besser gestalten wollen.

In der sogenannten flexiblen Forschungsfabrik des Forschungscampus ARENA2036 in Stuttgart tauschten sich die Forschungscampi im Oktober 2019 über die Beteiligung kleiner und junger Unternehmen aus. Die Ergebnisse der im Vorfeld des Workshops durchgeführten Onlinebefragung zeigten, dass KMU (Kleine und Mittelständische Unternehmen) und Start-ups in den Forschungscampi als wertvolle Partner mit hohem Innovationspotential gelten. Ziel des Workshops war u.a. die Beleuchtung von Formaten zur Unterstützung von KMU und Start-ups. Ebenso standen die Bedeutung und der Effekt der „kleinen“ Partner der Forschungscampi im Fokus.

Die Vorstellung der Entwicklung und Wirkung des Start-ups ThingOS im Forschungscampus ARENA2036 und der STARTUP AUTOBAHN als unterstützende Innovationsplattform bildeten den Auftakt der Veranstaltung. Impulse lieferten Vertretende junger Unternehmen aus den Forschungscampi wie der Leadrive Technology Germany GmbH, der Neoscan Solutions GmbH, der BLINK AG und des EXIST-Projekts AProPo.

Vertretende der jungen und kleinen Partner machten deutlich, dass die Forschungscampi für Gründerteams und Start-ups gute Unterstützung bieten. Neben Hilfe bei allgemeinen rechtlichen und finanziellen Fragen, würden gerade Faktoren wie die Nutzung der Netzwerke und Kontakte, der Zugang zu Know-how, Kapazitäten und Infrastruktur unter dem gemeinsamen Dach des Forschungscampus eine wichtige Rolle spielen. Die Teilnehmenden betonten, dass die Qualität der Zusammenarbeit aller Partner im Forschungscampus mit der Beteiligung kleiner und junger Partner besonders durch größere Offenheit, eine gestärkte Agilität und erhöhte Dynamik geprägt sei. KMU und Start-ups lieferten neue Ideen, die abseits „festgefahrener“ Strukturen lägen, und hätten so eine starke Mitbestimmung an der gemeinsamen Arbeit gerade auf der Projektebene. Zudem stellten erfahrene Gründer und etablierte KMU Vorbilder für potenzielle Gründer dar und trügen so zu einer Gründerkultur im Forschungscampus bei.

Am 10. Juni 2021 fand der siebte, diesmal digitale, Workshop der Forschungscampi zum Thema „Governance-Strukturen“ statt. Aus einer im Vorfeld durchgeführten Online-Umfrage ging hervor, dass die Governance-Struktur ein viel diskutiertes Themenfeld für die Forschungscampi darstellt. Ziel und Motivation des Erfahrungsaustauschs war es daher, in verschiedenen online Arbeitsgruppen die Governance-Aspekte des Organisationsmodells, des Finanzierungsmodells sowie der getroffenen IPR-Regelungen zu betrachten.

Das dem Organisationsmodell zugrundeliegende Verhältnis der Partner untereinander beschrieben die Akteurinnen und Akterue im Vorfeld als produktiv, mehrwertorientiert sowie geprägt von Offenheit, hoher Transparenz, Wertschätzung und Vertrauen. Während der Arbeitsgruppen definierten die Teilnehmenden im Wesentlichen drei Themenbereiche, für die sie perspektivisch weitere cross-Forschungcampus-Aktivitäten ableiteten. Zu den Themenbereichen zählten „strategisches Marketing“, die damit verbundene „digitale Kommunikation“ sowie die „Programmentwicklung zur Nachwuchssicherung“. Als mögliche Potenziale zur Weiterentwicklung identifizierten die Teilnehmenden für das Themenfeld „digitale Kommunikation“ die Entwicklung einer gemeinsamen Kollaborationsplattform. Hinsichtlich der Nachwuchssicherung diskutierten die Forschungscampus-Vertretenden die Entwicklung eines forschungscampusübergreifenden Doktorandenprogramms.

Die Diskussion rund um das Finanzierungsmodell war geprägt von dem Aspekt, dass jeder Forschungscampus sein eigenes, individuell passfähiges Finanzierungsmodell kreiert hat. Die Teilnehmenden differenzierten als Grundlage für die gemeinsame Diskussion vier tendenzielle Modelle: GmbH (nicht identisch zum Forschungscampus, sondern als Einheit zur Durchführung des operativen Geschäfts und als „Dienstleister“ für die Partner), wirtschaftlicher Verein, gemeinnütziger Verein und die Konsortialform. Da die Chancen und Herausforderungen für die vier identifizierten Finanzierungsmodelle sehr unterschiedlich und nicht direkt auf andere Finanzierungsmodelle übertragbar sind, war auch der Austausch charakterisiert von verschiedensten Erfahrungswerten und Ansichten.

In der IPR-Arbeitsgruppe standen die verschiedenen vertraglichen Grundlagen, die den Zugang zu Strukturen und Know-how regeln, im Vordergrund.  In der Diskussion wurde deutlich, dass die Forschungscampi unterschiedliche Anforderungen an ihre Verwertungsstrategien pflegen: Neben der Patentierung stellte Know-how einen wichtigen und zentralen Mehrwert für die Forschungscampi dar, der durch den Austausch und das Teilen von Wissen und Ergebnissen entstehe. Die meisten Forschungscampi nutzen zwischen den Partnern abgestimmte Musterkooperationsverträge, die den Start neuer Projekte beschleunigen. Trotz aller getroffenen Regelungen sei die wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche und unkomplizierte Zusammenarbeit nach wie vor das gegenseitige Vertrauen. Die Forschungscampi waren sich einig: Es seien die Freiheitsgrade der Förderinitiative, durch welche die verschiedenen Modelle ihren passfähigen Weg finden konnten. Eine vorgegebene Rechtsform hätte die Vielfalt der aktuellen Partnerstrukturen und Modelle sowie den generellen Aufbau der Forschungscampi behindert.

Am 12. Mai 2022 fand in den Räumlichkeiten des Forschungscampus STIMULATE am Magdeburger Wissenschaftshafen der achte Transferworkshop zum Thema „Verwertungskulturen der Forschungscampi - intellectual property rigts (IPR)“ statt. Das Ziel des achten Workshops war es, den Austausch zwischen den Forschungscampi zu unterstützen und Impulse zur Weiterentwicklung der IP-Regeln sowie verschiedene Herangehensweisen bei Patent- und Verwertungsfragen zu diskutieren. Eingebunden in den Workshop war eine Keynote mit dem Titel „Heterogene Forschungspartnerschaft, IP und FuE-Kooperationsverträge: klassische Fälle und Fragen“, gehalten von Prof. Dr. Klaus-Jürgen Melullis (Mitglied der Jury „Forschungscampus“) sowie ein Vortrag über „Internationales Patentwesen und Verwertung“, gehalten von Patentrechtsanwalt Dr. Norbert Struck.

Grundsätzlich zeigte der Transferworkshop, dass die Forschungscampi aufgrund der Multidisziplinarität der Partner sowie der unterschiedlichen Wissensgebiete der Forschungscampi unterschiedlichste Herangehensweisen in den letzten Jahren zum Thema IPR entwickelten. Diese Vielfältigkeit der Partner, und der Anspruch jener sowie den rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden, benannten die Teilnehmenden gleichzeitig als die entscheidende Herausforderung der Forschungscampi. Zusätzlichen identifizierten die Teilnehmenden die steigende Relevanz von IPR-Fragen als zunehmende Problematik: Neben dem wissenschaftlichen Transfer, rücke die wirtschaftliche Verwertung stärker in den Fokus. Im Zuge dessen sei es für involvierte Hochschulen empfehlenswert, entsprechend geschulte juristische Fachkräfte einzustellen, um der Komplexität der IPR gerecht zu werden. IPR-Briefings oder Mentoring Programme könnten darüber hinaus die IPR-Awareness der Mitarbeitenden der Forschungscampi stärken.

Im Hinblick auf die Entwicklung von Verwertungsstrategien einigten sich die Teilnehmenden darauf, dass sich der bisher verfolgte Bottom-up-Ansatz nach wie vor für die Forschungscampi eigne. Eine Vorgabe bestimmter Verwertungsstrategien durch den Zuwendungsgeber schränke die Verwertungsoptionen hingegen ein.

Des Weiteren betonten die Teilnehmenden die Notwendigkeit, eine gemeinsame Verwertungskultur unter einem Dach zu entwickeln und mit Leben zu füllen. Grundlage hierfür sei eine über mehrere Jahre aufgebaute Vertrauenskultur sowie deren fortwährende Pflege durch das Management mit Unterstützung der Partner. Die Beteiligung der kleinen und auch kleinsten Partner an der Governance fördere zudem die Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Neben KMU gilt dies insbesondere für Start-ups, die neue Produkte entwickeln.

Der neunte Transferworkshop der Forschungscampi hat Identität, Markenbildung und Wissenschaftskommunikation in den Mittelpunkt gestellt. Am Standort des Forschungscampus Mobility2Grid in Berlin haben sich die Teilnehmenden im April 2023 über ihre Erfahrungen ausgetauscht.

Deutlich wurde, dass alle Forschungscampi eine starke Identität besitzen, die sich aus ihrer jeweiligen fachlich-strategischen Ausrichtung, dem gemeinsamen Ziel ihrer Arbeit begründet. Darüber hinaus sind vor allem Aspekte der Forschungscampuskultur identitätsstiftend, wie das interne Zusammengehörigkeitsgefühl bei der gemeinsamen Arbeit unter einem Dach oder der auf Außenstehende ausgestrahlte Eindruck einer gleichberechtigten Gemeinschaft ohne Grenzen der ursprünglichen Zugehörigkeit zwischen Mitarbeitenden aus der Wissenschaft und Mitarbeitenden aus der Wirtschaft. Die Teilnehmenden betonten, dass Aufbau und Wachstum des Vertrauens sowie die Entwicklung einer gemeinsamen Kultur erst mit der langfristigen strategischen Partnerschaft möglich wird. Auch Interdisziplinarität, Kreativität und Innovationskraft spielen eine bedeutende Rolle: Der Forschungscampus gilt als „Place to be“, dem „Organisationsraum der Zukunft“. Die Forschungscampi haben unterschiedliche Maßnahmen und Formate entwickelt, die die gemeinsame Identität stärken und begreifen die Entwicklung und Pflege der eigenen Identität als fortlaufenden Prozess, der regelmäßiger Aufmerksamkeit benötigt.

Wissenschaftskommunikation mit der allgemeinen Öffentlichkeit bedarf einer genauen Analyse der Ziele und Zielgruppen sowie einer bewussten Entscheidung für oder gegen bestimmte Kommunikationskanäle. Diesen Prozess stellte Ricarda Ziegler, Bereichsleiterin Evaluation beim Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWik), in ihrer Keynote „Wissenschaftskommunikation strategisch begreifen – wie die Wissenschaft kommunizieren sollte“ vor.

Im Austausch über konkrete Beispiele für externe Kommunikation hat sich gezeigt, dass die Forschungscampi sehr dezidierte Ziele formuliert und ihre Zielgruppen genau definiert haben. In der Kommunikation nutzen die Forschungscampi die zur Verfügung stehenden Kanäle von Newsletter über Social Media bis hin zu Fachjournalen und Publikumsmedien. Viele aktivieren zudem erfolgreich Partner als Multiplikatoren für ihre Kommunikationsanliegen.

Eine Herausforderung in der Kommunikationskette bleibt der Transfer von Fachinformationen vom Forschenden über den Verantwortlichen für die externe Kommunikation zum Zielpublikum abseits der bereits involvierten Fachcommunity. Hier helfen den Forschungscampi klare Prozesse und intern klar benannte Ansprechpersonen, die die Kommunikation strategisch lenken und allen Beteiligten die Bedeutung von Öffentlichkeitsarbeit immer wieder ins Bewusstsein rufen.

Im zehnten Strategieworkshop der Forschungscampi ging es um das Industry on Campus-Modell und Gründungsförderung. Am Standort des Forschungscampus Digital Photonic Production (DPP) in Aachen haben sich die Teilnehmenden im September 2024 über ihre Erfahrungen und Erwartungen ausgetauscht.

Die Forschungscampi betonten mit Blick auf das Industry on Campus-Modell die Bedeutung und die Vorteile, die gerade das Arbeiten und Forschen unter einem gemeinsamen Dach ihnen bietet. Denn ein zentraler Bestandteil des Industry on Campus-Modells ist ein gemeinsames Gebäude, das sich die Partner teilen und in dem sie sich auch physisch treffen. An einem aktiven zielgerichteten Netzwerk, der Bereitstellung von Wissen über Firmengrenzen hinweg, der ehrlichen Bedarfsanalyse und Entwicklung einer gemeinsamen Roadmap wollen sie festhalten; diese haben sich als gewinnbringend bewährt. Die Forschungscampi bescheinigen damit wesentlichen bereits umgesetzten und teils auch der Initiative „Forschungscampus“ impliziten Maßnahmen ihre Wirkung.

Um weiterhin erfolgreich sein zu können, wollen die Forschungscampi unter anderem die (lokale) Politik einbinden. Damit griffen sie einen Punkt auf, der bereits in den Keynote von Professorin Ellen Enkel vom Lehrstuhl für Allgemeine BWL und Mobilität der Universität Duisburg-Essen und Co-Vorsitzenden der Jury „Forschungscampus“ zur Sprache kam. Enkel warb dafür, bestehende Netzwerke weiter zu öffnen. Dazu gehöre unbedingt auch politische Entscheidungsträger einzubinden. Dass die Netzwerke der Forschungscampi die Politik zumindest mit im Blick haben, bescheinigte ihnen der zweite Keynote-Sprecher. Dr. Tim Pfeiffer ist Mitbegründer des Start-ups RAYDIAX und hat aus Perspektive der Gründer berichtet. In der Gründungsphase habe die – auch politische – Sichtbarkeit und Unterstützung des Forschungscampus STIMULATE ihm und seinen Mitgründern geholfen, das Unternehmen aufzubauen.

Die Teilnehmenden der Arbeitsgruppe Gründungsförderung sehen neben der einzigartigen Forschungsinfrastruktur, die die Forschungscampi bieten, auch das Netzwerk und damit potenzielle Vorbilder als Vorteil der Initiative Forschungscampus für werdende Start-ups. Als wichtig für die Unternehmensgründung empfinden sie außerdem speziell auf Gründer ausgelegte existierende Förderprogramme (EXIST). Perspektivisch wollen die Forschungscampi an einer möglichen Vernetzung von Gründungswilligen und dem Angebot spezieller betriebswirtschaftlichen Coaches arbeiten oder Entrepreneurship-Hubs aus Hochschulen oder Städten einbinden. Dass Gründern aus dem wissenschaftlichen Bereich die unternehmerische Expertise erst einmal noch fehle, hat Pfeiffer in seinem Bericht bestätigt. Es sei etwas grundlegend anderes, Drittmittel für die Forschung zu beantragen als um Venture-Capital zu werben. „Das hat lange gedauert, bis wir hier die richtige Sprache gesprochen haben“, so Pfeiffer.  
Für Gründungsteams empfehlen die Forschungscampi der Arbeitsgruppe ein möglichst diverses Team. Hier nahmen sie Bezug zu dem von Enkel in ihrer Keynote vorgestellten Konzept der kognitiven Distanz an. Es betont die Bedeutung von Diversität in Teams. Damit alle möglichst viel voneinander profitieren, sollten sie aus möglichst unterschiedlichen Kontexten kommen. Das Konzept geht davon aus, dass es eine ideale Distanz gibt, bei der sich die Teilnehmenden gerade noch verstehen und gleichzeitig möglichst viel Andersartigkeit einbringen können. In einer solchen Konstellation, sei die Wahrscheinlichkeit dafür, dass wirkliche Innovationen entstehen, groß, berichtete Enkel. Ein Punkt, der nicht nur für Start-ups, sondern auch für jeden Forschungscampus wichtig ist.

Beide Inhalte des diesjährigen Workshops, das Industry on Campus-Modell und die Gründungsförderung, bedürfen nach Überzeugung der Forschungscampi steter Aufmerksamkeit und Weiterentwicklung. Dieser Herausforderung wollen sich die neun Forschungscampi gerade mit Blick auf die Verstetigung stellen.